Eindrücke aus Pamplona

¡Hola Todos!

Ich bin nun seit vier Monaten in Pamplona, Spanien und bin sehr glücklich über meine Entscheidung. Ich studiere Geschichte und Englisch auf Lehramt und will Spanisch als Drittfach studieren. Daher (und weil es in England kaum Plätze gibt) fiel meine Wahl auf Spanien.

Die meisten werden sich fragen: Wo ist Pamplona? Das gleiche höre ich in Spanien, wenn ich sage, dass ich aus Mainz/Maguncia komme. Und so haben die beiden Städte noch weitere Gemeinsamkeiten. Beide sind eher Dorf als Großstadt, beide Landeshauptstadt und beide haben römische Wurzeln (Mogunciacum und Pompaelo) und beide eine wunderschöne Altstadt.

Aber warum bin ich denn in das spanische Mainz, statt nach Madrid, Valencia oder Barcelona? Zum einen kenne ich Pamplona vom Jakobsweg und fand es damals wunderschön, und zum anderen ist Pamplona so provinziell, dass man sich integrieren muss, um nicht zu verhungern. Zwar versuchen manche Ladenbesitzer sich an mir mit ihrem Englisch (blond? Sicher einer von diesen pinche turistas), aber die Mehrheit verlangt Spanisch oder Baskisch. Der andere Grund ist die geringe Dichte an Erasmusstudenten. Da ich mich einem Englischverbot unterworfen hatte, wollte ich auch keine “Ausländer” kennen lernen, sondern nur “Einheimische”. Also suchte ich mir schon früh eine Wohnung mit 2 Spaniern (106 qm2 für 250 warm p. P.! Paradiesisch für Leute, die Mainz kennen..). Ich dachte mir damals, Spanier seien Spanier, und es sei egal, woher diese kämen, und daher dachte ich mir nichts dabei, mit einer Katalonierin (Barcelona) und einem Valencianer zusammenzuziehen. Als dann am 15.10 die Wahlen in Katalonien waren (die die Separatisten gewannen) wusste ich, dass ich in ein Wespennest gezogen war. Es blieb alles zivilisiert, aber die Diskussionen in der Wohnung haben mir gezeigt, wie gespalten, aber auch wunderbar bunt, Spanien ist.

Strand von Rarautz, Baskenland
Strand von Rarautz, Baskenland

Da ich mich in Deutschland für Integrationspolitik interessiere und engagiere, tat ich das in Spanien genauso. Mit einem Professor und einigen Studenten wurde die “Agrupación de Universitarios por Medio Oriente (AUNOM)” gegründet. Durch die Organisation wurden Redner eingeladen, Vorträge gehalten und viel diskutiert. Dabei war es besonders schön, ohne geschichtlichen Ballast auftreten zu können. Niemand warf mit Nazivergleichen um sich, wie es in Deutschland so oft passiert, und der Diskurs war sehr ausgeglichen, auch wenn es extreme Gegensätze gab. Da waren Mitglieder der PP (Partido Popular), die gegen unkontrollierte Einwanderung waren (und sehr gerne auf die Grenzzäune in Ceuta und Melilla verwiesen), und andererseits Anarchisten, die Grenzen und Strukturen gänzlich abschaffen wollten. Daneben gab es noch viele, die sich besonders mit dem humanitären Aspekt der Flucht und Vertreibung beschäftigten. Erwähnt sei da der Blog http://jesuisrefugie.com/.

Auch ich durfte einen Vortrag halten und habe es sogar auf Spanisch hinbekommen. Das war das Highlight meines Auslandssemesters bisher.

Werbung für meinen Vortrag. Thema: Flüchtlinge in Deutschland - Chance oder Risiko?
Werbung für meinen Vortrag. Thema: Flüchtlinge in Deutschland - Chance oder Risiko?

Außerdem bin ich oft in Vorträge zu Religion gegangen. Neben Islamwissenschaftlern und Judaisten lag der Fokus stark auf dem Katholizismus, da die Uni von Opus Dei ist. Man merkt den religiösen Hintergrund stark, allerdings wird die Diskussion nicht davon eingeschränkt. Obwohl ich Religionsskeptiker bin, konnte ich bisher viel über Religionen und deren Kraft lernen, und das ist besonders wichtig für einen Historiker.

In den Seminaren konnte ich besonders über die bewegte spanische Geschichte viel lernen. Dabei muss man aber anmerken, dass die Lehre sehr verschieden ist. In Spanien lernen die Studenten ihre “apuntes”, Mitschrift, auswendig. Während ich in Deutschland mehrere Bücher für die Klausuren lese, lesen meine spanischen Kollegen nur die Skripte. Dies fand ich sehr schade, und das spanische Bildungssystem hat seit September sehr stark an Respekt verloren. Ein gutes hat es aber gegenüber dem deutschen System: Der Professor ist nicht der Erleuchtete, der den Studenten neben seiner viel wichtigeren Forschung gnädigerweise anleitet, sondern Mentor und sogar Freund. Ich war mit einem Professor öfters einmal ein Bierchen trinken und wir haben uns, auf Augenhöhe, über Politik, Religion und Gesellschaft unterhalten. Das habe ich in Deutschland noch nie gesehen.

Die Eindrücke von Spanien sind noch so frisch, und alles ist so aufregend neu (teilweise auch zum Aufregen wie beispielsweise die “Busfahrpläne” oder die Unsitte der Siesta), dass ich noch Stunden schreiben könnte. Aber dann müsstet Ihr, liebe Leser, ja nicht nach Spanien gehen um es selbst zu sehen.

Zusammenfassend kann man sagen: Spanien ist so vielseitig und bunt, dass man es nach 4 Monaten immer noch nicht versteht und jeden Tag aufs neue ins Staunen kommt. Das solltet ihr nicht verpassen!

Jonas Breßler

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Pamplona