Dijon- Das war frankopäisch !

Salut tout le monde! Heute ist ein großer Tag, denn dies hier wird mein letzter Bericht aus Frankreich sein. Das letzte Jahr ist wie im Flug vergangen und ich kann es noch gar nicht wirklich glauben, dass ich nächste Woche schon weiterziehe.

Wenn ich auf die vergagenen Monate zurückblicke, wird mir klar, dass ich wahrscheinlich erst in der nahen Zukunft wirklich verstehen werde, wie prägend diese Zeit für mich war. Dijon, das war vor allem eine große persönliche Herausforderung für mich, die ich meiner Meinung nach, bewältigt habe.

Das Anpassen an ein völlig fremdes Unisystem, an eine andere Lernphilosophie war kein Vorgang, der sich von heute auf morgen vollzogen hat. Es war vielmehr ein Weg, zu dem man jeden Tag aufs Neue wieder "Ja" sagen musste, was mir von Zeit zu Zeit immer leichter fiel. Im Nachhinein bin ich stolz darauf, wie ich mich dabei geschlagen habe und bin mir sicher, dass mir diese Erfahrung in vielen schwierigen Situationen ein Anker sein wird. Ein simples Beispiel wäre die Bachelorarbeit, die nächstes Jahr auf mich wartet. Zu Beginn meines Studiums hatte ich, wie wahrscheinlich jeder Studierende auch, größten Respekt vor der Schreiben. Wenn ich heute daran denke, ertappe ich mich oft dabei, wie ich mir sage, wenn ich Dijon geschafft habe, schaffe ich die Bachelorarbeit auf jeden Fall. Das ist vielleicht vermessen. Es hilft aber, die Angst vor dem Unbekannten, Herausfordernden zu bewältigen, offen zu sein für die Herausforderung der Zukunft.

Neben dem Unistress habe ich stets versucht einen privaten Ausgleich zu finden, um auch soziale Kompetenzen, interkulturelle Kompetenzen auszubauen, denn das ist meiner Meinung nach, der größte Gewinn des internationalen Austauschs. Es ist großartig, dass uns heutzutage so viele unterschiedliche Türen ins Ausland offenstehen. Das ist ein wunderbares Privileg der (im weitesten Sinne) Nachkriegsgenerationen, das es stets anzuerkennen gilt. Jedes Mal, wenn ich die deutsch-französische Grenze im vergangenen Jahr überquert habe, hat das in mir ein ganz besonderes Gefühl hervorgerufen, da ich mir immer wieder ins Bewusstsein gerufen habe, dass dies nichts Selbstverständliches ist. Das habe ich vor allem dann gemerkt, wenn ich mit französischen Freunden über die Deutsch-Französische Geschichte gesprochen habe, wenn sie mich gefragt haben, wie das denn heute sei mit den Nazis in Deutschland, wenn sie mir gesagt haben, dass ihr Großvater es nicht akzeptieren würde, wenn er wüsste, dass seine Enkelkinder den Umgang mit Deutschen pflegen.

Umso schöner ist es dann zu wissen, dass wir heutzutage die Möglichkeit bekommen, eine neue, praktische Form der Völkerverständigung zu leben. Die vielbeschworene europäische Idee verkümmert in diesen Tagen leider viel zu oft zu reinem Wirtschaftlich-Politischen Kalkül. Spätestens nach meinem Aufenthalt hier in Dijon fühle ich mich als Europäerin. Das beginnt mit den vielen Sprachen, die in meinem Feundeskreis gesprochen wurden, geht durch den Bauch und in den Kopf und am Ende des Tages steht die Erkenntnis, sich überall zu Hause fühlen zu können.

Wenn ich also mein Leben in Dijon kurz und knapp zusammenfassen sollte, wäre eine spontane Antwort sicherlich: Sehr frankopäisch 🙂

Dass Europa nicht der Nabel der Welt ist, wie viele Menschen eurozentrisch anmutend denken, wird sich mir im kommenden Jahr auf sehr vielfältige Weise zeigen, da es für mich ab nächster Woche in Madagaskar weitergeht, wo ich ein dreimonatiges Praktikum in einem Auslandsbüro der Friedrich-Ebert Stiftung absolvieren werde, bevor es dann heißt: Québec, j'arrive!!!

Natürlich halte ich euch auch von dort aus auf dem Laufenden.

 

Liebe Grüße aus der Bourgogne et a bientot !!

Filiz

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