Teilprojekt C

Cognitive Enhancement aus neuropsychiatrischer Perspektive

Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojektes "Normality, Normalization and Enhancement in the Neurosciences: Ethical, Sociocultural and Neuropsychiatric Aspects of Cognitive Enhancement", das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, liegt der Schwerpunkt der Arbeitsgruppe in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz im Bereich "Hirndoping".

Was ist "Hirndoping"?

Von "Hirndoping" spricht man, wenn ein gesunder Mensch Substanzen, wie zum Beispiel Medikamente, pflanzliche Produkte wie Kaffee oder auch Drogen einnimmt, um die Leistungsfähigkeit seines Gehirns (z.B. bezüglich Konzentration, Ausdauer, Wachheit) zu steigern, außer dies ist ärztlich verordnet. Im Gegensatz zum Doping im Sport ist "Hirndoping" noch relativ wenig untersucht. Gleichzeitig ist jedoch die Frage, wie sich die Leistung des Gehirns steigern lässt, in unserer modernen Informationsgesellschaft von besonderem Interesse.

Was ist bereits bekannt?

Es gibt inzwischen einige wissenschaftliche Untersuchungen, die die Wirkung von potentiellen Substanzen zum "Hirndoping" bei Gesunden untersucht haben. Zu diesen Substanzen zählen Kaffee, Medikamente zur Therapie der Narkolepsie (einer Erkrankung mit Schlafattacken) wie Vigil®, des Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndroms (ADHS) wie Ritalin® oder der Alzheimer-Demenz (AD) wie Aricept® oder Ginkgo biloba. Die bisherigen Studien untersuchten die Wirkung dieser Substanzen auf verschiedene Aspekte der Kognition (Vigilanz, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, etc.) und zeigten, dass es mit diesen Substanzen nicht möglich ist, jemanden "klüger" zu machen, sondern nur kurzzeitig z.B. Wachheit oder Gedächtnis positiv zu beeinflussen. Insgesamt sind die Effekte bei Gesunden eher klein und werden von Placeboeffekten überlagert. Die ausgeprägtesten Effekte konnten bei Probanden beobachtet werden, die eine Beeinträchtigung ihrer kognitiven Leistungen aufwiesen (z.B. durch Schlafmangel).

Daten über die Einnahmehäufigkeit solcher Substanzen aus den USA und Canada besagen, dass zwischen wenigen Prozent bis zu einem Viertel der Schüler und Studenten solche Substanzen zur geistigen Leistungssteigerung missbrauchen. Zuverlässige Daten in Deutschland liegen bisher nicht vor.

Was ist zu erforschen?

Mit unserem Forschungsprojekt wollen wir weitere wissenschaftliche Daten über die Wirksamkeit und Wirkungsweise von potentiell neurokognitiv wirksamen Substanzen erheben und systematisieren. Wir wollen auch untersuchen, ob überhaupt eine Grenze zwischen "Hirndoping" und Therapie gezogen werden kann. Darüber hinaus wollen wir in Erfahrung bringen, wie groß der Anteil der deutschen Bevölkerung ist, der solche Substanzen zum Hirndoping missbraucht, aus welchen Beweggründen dies geschieht und wer zu diesem Personenkreis zählt. Auch wollen wir mehr über Einstellungen, Akzeptanz und die ethische Vertretbarkeit der Einnahme dieser Substanzen erfahren.

Projektleiter: Univ.-Prof. Dr. K. Lieb, PD Dr. A. Fellgiebel

Wissenschaftlicher Mitarbeiter: Dr. Dr. A.G. Franke, M.A.

Doktoranden: Fr. cand. med. Isabel Heinz, Fr. cand. med. Michaela Christmann, Fr. cand. med. Caroline Bonertz.