Das Projekt

 

Das „Otnit-Projekt“ unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Stephan Jolie (Deutsches Institut) ging aus einem auf zwei Semester angelegten Projektseminar zur praxisorientierten Lehre in den Geisteswissenschaften hervor. Studierende der Germanistik beschäftigten sich mit einem selbst in Fachkreisen weniger bekannten Heldenepos, dem Otnit. Ihre Aufgabe war es, diesen Text für eine breitere Öffentlichkeit zu erschließen. Dabei sollten vor allem Kompetenzen genutzt und gefördert werden, die für die Studierenden auf ihrem weiteren beruflichen Werdegang wichtig sind. An die obligatorische Arbeit am Text schloss sich daher eine erste Phase der Arbeitsgruppen-Bildung an, gefolgt von Workshops mit Experten zu den im Projekt relevanten Bereichen (Projektmanagement, Dramaturgie, Bühnenbild, Konzeption eines Programmhefts, Presse und Kommunikation).

Neben der Vermittlung fachlicher Kompetenzen bot das Projekt den Studierenden die Chance, sich in möglichen Berufsfeldern auszuprobieren und erste Erfahrungen, vor allem auch in der interdisziplinären Zusammenarbeit, zu sammeln. Jeder konnte sich nach seinen Interessen in kreativen und/oder organisatorischen Bereichen einbringen und hautnah erfahren, was bei der Planung einer solchen Veranstaltung zu beachten ist:

  • Wie können wir Interesse an diesem alten Stoff wecken? Welche Themen sind auch heute noch aktuell?
  • Welche Theaterform passt zum Text, und welche Zielgruppen wollen wir ansprechen?
  • Wo und in welchem Rahmen soll die Aufführung stattfinden?
  • Woher bekommen wir die Materialien für das Bühnenbild und die Kostüme?
  • Wie viele Informationen sollen in das Programmheft?

Im 2. Semester schrieb eine Gruppe von Studierenden, unterstützt von Thomas Elben, das Script zum Theaterstück. Aus dem Pool der Studierenden wurden Darsteller gecastet, die bald unter der Regie von Thomas Elben und Dominik Schuh erste Bühnenerfahrungen sammeln durften. Ein anderes Team entwarf unter der Leitung der Bühnen-und Kostümbildnerin Susanne Maier-Staufen die Ausstattung und plante die Realisation ihrer Ideen zu Bühne und Kostümen. Als weitere Bausteine kamen in diesem Semester Musik und Kommunikationsdesign hinzu. Studierende der Musikhochschule komponierten unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Birger Petersen die Musik zum Stück, während eine Designinitiative an der Hochschule Mainz, Lehreinheit Kommunikationsdesign, unter Leitung von Prof. Anna-Lisa Schönecker Entwürfe für das Erscheinungsbild von Programmheft und Kommunikationsmitteln entwickelte (Bilder zur Entwicklung des Programmheftes und der Kommunikationsmittel).

So wurden über zwölf Monate hinweg Ideen entwickelt und verworfen, Fragen gestellt und Probleme gelöst. Um dieses Projekt – vom mittelalterlichen Heldenepos zum modernen „Coming of Age“-Theaterstück – umzusetzen, mussten alle ein bisschen über den eigenen Tellerrand hinausschauen: Germanistinnen nahmen nicht nur den Stift, sondern auch mal Nadel und Faden oder Nagel und Hammer in die Hand, Kommunikationsdesigner und Musiker beschäftigten sich mit einem frühneuhochdeutschen, oft seltsam anmutenden Text und suchten nach Verbindungen zwischen Altem und Neuem. Und soviel lässt sich sagen: Alle sind um einige Erfahrungen reicher, die sie in den üblichen Kursen ihrer jeweiligen Fächer so nicht hätten sammeln können.

Das Otnit-Projekt wurde vom Gutenberg Lehrkolleg der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als „Innovatives Lehrprojekt“ gefördert.