Hochbegabt und unsozial? – Das Bild vom hochbegabten Schüler

Da letzte Woche Frau Dr. Tanja Baudson ihre Forschungsarbeiten zum Thema Hochbegabung im Institutskolloquium des Psychologischen Instituts vorgestellt hat, hier eine kleine Zusammenfassung zu einer ihrer Studien, die sich auf Lehrkräfte bezieht.

Hochbegabt und unsozial? – Das Bild vom hochbegabten Schüler

Hochbegabte Schüler sind sozial schwieriger als durchschnittlich intelligente Schüler? Dass das so nicht stimmt, zeigten bereits mehrere empirische Forschungsarbeiten. Eine besondere Bedeutung kommt jedoch den Einschätzungen von Lehrern zu, da deren Einschätzung sich auf das Verhalten und die Leistung der Schüler auswirken können (Stichwort: Selbsterfüllende Prophezeiung). Doch wie schätzen Lehrer hochbegabte Schüler ein? Dieser Frage gingen Tanja Baudson (Universität Duisburg Essen) und Franzis Preckel (Universität Trier) nach. Die Forscherinnen gaben 246 deutschen Lehrern Fallbeschreibungen fiktiver Schüler und variierten dabei die Begabung (Hochbegabt vs. durchschnittlich begabt), das Geschlecht und das Alter (8 vs. 15 Jahre) der Schüler. Die Lehrer wurden dann aufgefordert die intellektuellen Fähigkeiten, die Motivation, das prosoziale Verhalten sowie die Verhaltensauffälligkeit der Schüler in den Vignetten zu bewerten. Die Ergebnisse zeigen, dass Lehrer hochbegabten Schülern zwar mehr intellektuelle Fähigkeiten zuschreiben, aber auch weniger prosoziales Verhalten und mehr Verhaltensauffälligkeiten im Vergleich zu durchschnittlich begabten Schülern. Die Forscherinnen erklären dieses Ungleichgewicht mit einem negativen Stereotyp gegenüber Hochbegabten (die Disharmonie-Hypothese, die besagt, dass Hochbegabte zwar hohe intellektuelle Fähigkeiten besitzen, aber in sozialen Fähigkeiten unterlegen sind), der u.a. in den Medien gezeigt wird.

Quelle: Baudson, T. G., & Preckel, F. (2016). Teachers Conceptions of Gifted and Average-Ability Students on Achievement-Relevant Dimensions. Gifted Child Quarterly, 60(3), 212–225. doi:10.1177/0016986216647115

 

Spannend bleibt aus unserer Sicht die Frage, wie Lehrer und Lehrerinnen diese Stereotypen und Vorurteile gegenüber hochbegabten Schülern umgehen können.

 

Text: Dr. Myriam Schlag & Prof. Dr. Margarete Imhof